Die Stadt Graz 2040 – Revolution in der Grazer Innenstadt
Revolutionsrede von Theresa Schleicher im Rahmen des Grand Openings

Schauen Sie sie sich die Zukunft an, die Menschen gezeichnet haben. Roboter fliegen durch die Luft, Grünflächen entstehen überall, alles ist vernetzt – digital. Verkehr wird schneller, ökologischer und internationaler. Jeder Millimeter ist verbaut. Dieses Bild zeigt die Zukunft. Eine Zukunft, die sich Menschen 2010 für 2020 ausgedacht haben. Heute haben wir 2023, noch nie war Lokales, Resilienz und miteinander so wichtig. Gemeinschaft und Werte spielen eine größere Rolle und Generationen (die vor ein paar Jahren noch weit auseinanderlagen) – Gen Z und GenX wachsen zusammen. Heute kommen die Möglichkeiten von KI auf, um uns Zeit zu ersparen und transparenter und ökologischer zu agieren. Mit der Innovation, sofort auch die ethische Auseinandersetzung. Wir Menschen neigen dazu, Trends und Innovation bis ins Dystopische oder Utopische zu ziehen. Zukunft auf Basis von aktuellen Ständen linear weiterzuziehen. Aber so funktioniert unsere Welt nicht. Und unsere Zukunft.

Nun stellen Sie sich vor wir leben im Jahr 2040 – in einer Welt, in der der Meeresspiegel im Vergleich zu heute um einen Meter gestiegen ist, in der wir 6-mal häufiger als heute mit Flächenbränden zu kämpfen haben und jedes Grad Erderwärmung 10 Prozent weniger Ernte und in Folge weniger Lebensmittel bedeutet. Stellen wir uns vor, dass wir weltweit neue Städtekonzepte sehen, nachhaltige Lösungen, um CO2 nicht nur auszugleichen, sondern zu vermeiden. Technologie noch nie so ausgereift war und dennoch bewusst genutzt wird. Dass Konsum zurückgegangen ist und sich umso wertvoller neu erfindet. Dass bereits 2040 75% der Weltbevölkerung einen Sitz in den großen Städten hat und dennoch noch nie so lokal und vernetzt konsumiert und lebt, wie vorher.

Wir sind 9,45 Mio Menschen in Österreich 2040. 515.526 Menschen in Graz. Wir arbeiten viel von zuhause, weiterhin. Weil wir auch weniger arbeiten, das haben wir gelernt in 2025-2035 Jahren. Klar, ein Teil haben intelligente Technologien übernommen. Wir – die 2040 – müssen ja ein wenig schmunzeln über die Schreckensszenarien, dass Maschinen und Roboter alles übernehmen. Vielmehr sind unsere Prozesse schlichtweg schneller, transparenter, reibungsloser. Wir konnten durch KI 68% unserer Abfälle einschränken, unseren CO2 Ausstoß um 40% senken und haben in der Krisenzeit 2030, in der Technologie einen viel zu großen Energieschub gebraucht hat, digital ausmisten. Brauchen wir wirklich alles digital? Zugegeben es ist nicht perfekt, ein Teil schieben wir schuldbewusst auf die Generationen davor und unser jüngeres Selbst. Wir haben uns viel zu spät gekümmert. Und teilweise schieben wir Dinge selbst vor uns her. Wir sind ja nur Menschen, denken wir uns.

Zurück zu Graz. 515.526 Menschen in Graz. Das liegt auch daran, dass sich Graz ausgedehnt hat, Infrastruktur in den Randbezirken ausgebaut wurde. Züge, Radwege führen uns schneller in die Stadt und wieder heraus. Wir stehen hier in Graz 2040, während in Barcelona 15 Minuten Städte dominieren, auch in Berlin und Paris. In Wien haben wir – gerade so bis 2040 die meisten Bezirke Autofrei bekommen. Grünflächen dominieren die Gegenden. Hier in der Innenstadt gibt es wesentlich kleinere Wohneinheiten. Unsere Einkaufsgasse ist wieder belebt – das war teilweise harte Arbeit – mit Gastronomie und mit Einzelhändlern, auf viel kleineren Flächen. Click & Collect hat einen größeren Stellenwert, als die Lieferung nach Hause. Es war einfach nicht verantwortungsbewusst und bewegen wollen wir uns ja alle. Die großen Flagshipstores, das waren Zeiten, genauso wie die Zeit mit dem SUVs mit Verbrennermotor. Seiersberg musste sich neu erfinden, wird kleiner, grüner und liefert dafür mittlerweile auch an die umgebende Region direkt Produkte aus. Wir kaufen weniger, das hat sich bemerkbar gemacht. Dafür finden wir mehr Läden mit Eventflächen, Repaircafes, Buchläden zum Verweilen und Konsumieren, wir leihen mehr, haben Stationen zum Recyclen und zur Neuaufwertung. Wir haben uns eben neues ausgedacht, um Menschen weiterhin zu vergnügen.

Es ist Mai 2040, wir haben übrigens gerade 32 Grad. Keine Seltenheit mehr. Daher werden klimaneutrale Essenskonzepte, weniger Online Verkauf und Lieferung und nachhaltige Bauten eine gesetzliche Verordnung. Neue Designrichtungen entstehen dabei, neue Obst & Gemüse Sorten. Vegane Essenrichtungen haben mittlerweile bei 80% der Menschen regelmäßig Platz auf dem Essenstisch und Kleiderschrank. Wollen Sie mal probieren? Wussten Sie schon? Bereits heute produzieren Designer und Architekten in der Gegend Kleidungsstücke und Einrichtungen aus Algen, Graspflanzen und Moos. Das reine Recycling von gängigen Baumwoll-Stoffen und Materialien hat über die Jahre 2030 nicht ausgereicht. Stattdessen nutzen wir Innovationen und Forschung um Meeresriffe nachzuproduzieren, Wälder „künstlich“ schneller neu zu erschaffen. Glauben Sie nicht? Bereits jetzt in dieser Minute arbeiten Wissenschaftlicher daran. Viele Prognosen sagen, dass im Land drumherum die Bevölkerung veraltert und sinkt. Wir werden älter. Das führt zur resilienten Versorgung in den Regionen und zur Infrastrukur. Gesundheit, gute Zugänge zu Lebensmitteln, zu gemeinschaftlichen Veranstaltungen, all das wird das neue „SMART“.

Es ist, wie es ist, 2040 ist nicht alles schön. Genauso wenig wie es heute alles ist. Im Jahr 2020 haben wir neue Krisen mitbekommen. Seitdem leben wir mit diesen, sie hören nicht auf. Sie sind Teil unseres Alltags: Erderwärmung, Waldbrände, Überschwemmungen, Krankheiten, aber als Teil unseres Alltags sind sie eben genau das – eine Realität, mit der wir arbeiten werden. In dem wir neue Lösungen schaffen, weil wir sie schaffen müssen. Und wenn sie sich jetzt einmal gemeinsam vor Ort mit mir in diese Welt 2040 ein letztes Mal begeben, dann merken Sie selbst, was eigentlich bereits heute keinen Platz mehr in der Zukunft hat. Einer Zukunft, in der wir leben wollen. Denn das Schöne an der Zukunft ist ja, wir erschaffen sie zu einem großen Teil mit. 

Theresa Schleicher

Theresa Schleicher gilt als eine der renommiertesten Expert:innen für die Zukunft des Handels. Seit 2015 veröffentlicht die Zukunftsforscherin die führenden Trends, Kundenbedürfnisse und Entwicklungen im Einzelhandel in Form des Retail Reports vom Zukunftsinstitut. Als Retail Advisor begleitet sie u.a. die VW Gruppe und ausgewählte Handelsunternehmen bei ihrer zukünftigen strategischen Ausrichtung.